143 – 185 – 225. Das sind keine Ergebnisse vom Skifliegen und auch nicht die Ausgangsgewichte von Teilnehmern bei „The Biggest Loser“. Vielmehr beschreibt es die Entwicklung der Teilnahmezahlen am Einzelwettbewerb der Deutschen Quizmeisterschaften von 2017 bis 2019. Und wäre nicht die jüngste Austragung erstmals im Februar statt im Frühsommer erfolgt, hätte es sogar eine noch atemberaubendere Steigerung gegeben, denn bis zum Juni werden bestimmt viele weitere Quizinteressierte auf den Geschmack kommen.
Aber es ist ja auch kein Wunder: Monat für Monat verzeichnen die dezentralen Quizveranstaltungen rund um den „Deutschland-Cup“ neue Teilnahmerekorde. Da sollte das jährliche Hauptfestival der deutschen Quiz-Community natürlich nicht zurückstehen!
Die diesjährige Ausgabe fand im „Loewe-Saal“ in Berlin-Moabit statt. Erneut eine Nummer größer als der Veranstaltungsort des Vorjahres. Aus ganz Deutschland waren Quizbegeisterte aller Alters- und Leistungsstufen angereist – und sogar darüber hinaus, denn neben einigen weiteren internationalen Gästen ließ es sich auch 2019 eine kleine Fraktion aus Österreich nicht nehmen, das Feld zu bereichern.
In Anbetracht des unvermittelt frühlingshaften Wetters hätte man glatt vergessen können, dass man sich noch mitten im Februar befand. Mit dem Terminwechsel waren jedenfalls auch diverse Änderungen im Programm verbunden: Die deutsche Auflage der Weltmeisterschaft (World Quizzing Championships) behält ihren Platz im Juni, und ebenso wird auch die Mitgliederversammlung des DQV weiterhin am WM-Wochenende im Juni stattfinden (2019 übrigens in Frankfurt am Main). Durch diese Aufteilung wurde Platz geschaffen, der nicht nur der Erholung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer zugutekam und auch denjenigen den Genuss des vollen Programms ermöglichte, die erst am Samstag anreisen konnten. Es konnte so vor allem auch erstmalig ein Teamwettbewerb ausgetragen werden, der bereits zur Premiere zu einem durchschlagenden Erfolg werden sollte.
Am Samstag ging es vormittags mit dem Doppelwettbewerb los, wie gehabt in zehn Runden mit jeweils zehn Fragen im bunten Kategorienmix. Genau 113 Zweier-Gespanne (und damit 27 mehr als im Vorjahr) stellten sich dem anspruchsvollen Set des österreichischen Quizkollegen Stefan Pletzer. Die meisten schienen sich bereits im Vorfeld verabredet zu haben, und viele Doppel traten auch nicht zum ersten Mal in den jeweiligen Konstellationen an. Aber auch für „Unversorgte“ war es kein Problem, sich kurzfristig noch mit anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmern zusammenzuschließen. Der Punkteschnitt war im Vergleich zum Vorjahr leicht angestiegen und erreichte knapp die 50er-Marke. Und auch die vorderen Plätze gingen etwas „teurer“ weg als 2018: Die 76 Punkte von Lorcan Duff & Manfred Lachmann hätten im Vorjahr noch zum Sieg gereicht – dieses Mal war es immerhin noch gut genug für Platz 3. Drei Punkte mehr holten Stefan Georg & Max Lüggert auf dem Silberrang. Der Sieg jedoch ging an Holger Waldenberger & Markus Solty mit hervorragenden 83 Punkten. Nachdem Holger 2018 noch als Autor des Doppelquizzes tätig gewesen war, konnte er nun an eine Erfolgsserie anschließen und den Titel im Doppel zum dritten Mal nach 2015 und 2016 einfahren. Für Markus Solty war es hingegen der erste Meistertitel.
Als Nächstes standen einige Parallelveranstaltungen an. Zwei davon richteten sich gezielt an die jüngere Generation: zum einen die Junior World Quizzing Championships (JWQC) (für alle unter 19 Jahren) und für den Alterskorridor zwischen 19 und 22 Jahren die Youth World Quizzing Championships (YWQC). Mit einem identischen Fragenset, aber in getrennten Wertungen sollten diese Wettbewerbe den Nachwuchsquizzerinnen und –quizzern eine faire Chance geben. 120 Fragen aus acht Kategorien galt es zu beantworten – weltweit gleich, aber in deutscher Übersetzung für diejenigen, die in Berlin antraten. Man muss festhalten, dass bei der Beteiligung in dieser Altersgruppe noch Luft nach oben ist. Das gilt generell für alle DQV-Veranstaltungen. Und es traten ausschließlich Herren an; der DQV hofft für die Zukunft auf mehr junge Quizzerinnen. Aber all das soll die erbrachten Leistungen nicht schmälern: Bei den JWQC erzielte Tom Oppermann auf dem dritten Platz unter den deutschen Teilnehmern 39 Punkte. Zwischen den beiden Erstplatzierten ging es eng zu; am Ende lagen dort Sten Winkelmann bei 50 und Lucas Schröter bei 58 Punkten. Die deutschen YWQC-Teilnehmer erzielten im Topbereich 74 Punkte (Bastian M. Fischer, Rang 3), 79 Punkte (Jan Kostka, Rang 2) und, ein enges Rennen, 80 Punkte. Marius Gunkel lag somit vorn bei den Quizzern von morgen, die auch heute schon stark auf sich aufmerksam machen. Herzlichen Glückwunsch! Den Weltmeistertitel holte sich übrigens der Amerikaner Jakob Myers mit 92 Punkten, punktgleich auf Rang 2 lag dessen Landsfrau Jennalyn Tamio.
Zeitgleich stand die erstmalig in dieser Form ausgetragene Qualifikation für das Buzzer-Quiz auf der Agenda. Da im Gegensatz zum Vorjahr keine frischen WM-Scores als Qualifikationssieb vorlagen und auch Neulinge die Chance haben sollten, sich einen der begehrten 32 Plätze für die Buzzer-Meisterschaft zu sichern, wurde dieses Extra-Quiz eingeschoben. Hierüber wurden 16 Plätze vergeben, weitere acht per Los und die übrigen acht per Setzliste nach den Meisterschaftsergebnissen des Vorjahres. Die Qualifikation wurde als Einzel-Papierquiz mit 50 Fragen ausgetragen, die von Sebastian Klussmann und Thorsten Zirkel zusammengetragen worden waren (und wie alle Fragen-Sets der Meisterschaft auf der DQV-Webseite zum Kaufen und Nachspielen verfügbar sind). Nach der Auszählung wurden zügig noch ein paar nötige Stichfragen für die Endausscheidung und die genaue Ermittlung der Setzliste gestellt, und dann ging es im Anschluss auch direkt mit den acht Matches des Sechzehntelfinales weiter. Hier qualifizierten sich die jeweils besten beiden Teilnehmer/innen der Viererrunden für die Achtelfinals. Nach den üblichen Klärungsfragen zu den Spielregeln entspann sich die ganz spezielle Dramaturgie dieses Wettbewerbs, bei dem jeweils Suchbegriffe unterschiedlichster Art durch Hinweise erraten werden mussten. Maximal zehn Hinweise sollten zu den gesuchten Begriffen führen. Und dank der in den meisten Fällen gut dosierten Heranführung von Hinweis 1 (= nur durch atemberaubende Gehirnakrobatik oder mit einem „Lucky Punch“ zu lösen) bis Hinweis 10 (= eigentlich ist die Lösung schon fast im Hinweis enthalten) gelang dies auch bei fast allen gestellten Aufgaben. Manchmal entschied das Buzzertempo, in den meisten Fällen jedoch war es dann doch nur eine Person, die auf der jeweiligen Hinweisstufe die Lösung als Erste herausfand. Das bewährte Gespann aus Stefan Georg und Jürgen Kohlschmidt führte durch alle Runden des Buzzerquizzes mit einer Mischung aus stimmlichen Qualitäten, Löwenbändigergeschick und intelligentem Moderationsschalk. Stefan Georg, der auch im Vorfeld die Aufgabe übernommen hatte, die Buzzerfragen zu kuratieren, zeigte sich begeistert:
„Die Mitglieder des DQV hatten bis kurz vor der Veranstaltung weit über 200 Fragen eingereicht – durchweg hoher und höchster Qualität und voller Kreativität, Geist und auch Witz, so dass mir die Redaktion und das Vortragen am Tag der Meisterschaft ein doppeltes Vergnügen waren.“
Nachdem nun also das Teilnehmerfeld für den Sonntag erst mal um die Hälfte reduziert worden war (das haben KO-Runden so an sich …), ging es zu einem der absoluten Höhepunkte des Wochenendes: zur erstmaligen Austragung des Teamwettbewerbs. Maximal je vier Personen durften hier gemeinsam die Köpfe rauchen lassen. Es wurden zehn Runden à zehn Fragen gespielt. Im Gegensatz zum Doppel gab es allerdings je Runde nicht sieben, sondern zehn Minuten Beratungszeit. Und das war gut so, denn das Set von Holger Waldenberger hatte es wahrlich in sich! So gelang es denn auch keinem Team, in irgendeiner der zehn Runden die volle Punktzahl von zehn zu erreichen. Um so wichtiger war es für den Teamerfolg, möglichst breit aufgestellt zu sein und die verschiedenen Themenbereiche gut abzudecken. Eventuelle Erfahrungswerte aus Regionalmeisterschaften oder auch Kneipenquiz mögen da im Einzelfall hilfreich gewesen sein. Auch hier hatten sich viele Teams bereits vorab gefunden und nach Papierform gab es einige favorisierte Mannschaften. Lediglich vier Teams gelang es letztlich, 70 oder mehr Punkte zu erreichen. Auf Platz 3 kam das Team „MMCL“, bestehend aus Martin Ehrl, Lorcan Duff, Christoph Paninka und Manfred Lachmann, das 74 Punkte schaffte. Mit gerade mal 0,5 Punkten mehr belegte am Ende das Team „Hundert Jahre Schlauhaus“ den zweiten Platz. Stefan Georg, Manuel Hobiger, Thorsten Zirkel und Guido Marquardt lagen bei denkbar knappen Abständen lediglich einen Punkt hinter den Siegern vom Team „R2S2“, besetzt mit Sebastian Klussmann, Sebastian Jacoby, Roland Knauff und René Waßmer. Alles keine Unbekannten, aber für 2019 sollte man für den Fortgang der Meisterschaften vor allem den Namen René Waßmer im Hinterkopf behalten … Nicht nur als Mitglied des Gewinnerteams, sondern auch als Vorsitzender des DQV konnte Sebastian Klussmann eine überaus positive Bilanz der erstmaligen Austragung dieses Wettkampfs ziehen:
„Der Teamwettbewerb hat direkt voll eingeschlagen. 54 Teams, fast alle mit vier Personen besetzt – das ist sensationell. Und in punkto Komplexität der Fragen und Dosierung der Schwierigkeit besetzt dieses Format auch noch mal eine eigene Nische. Vom kommunikativen Aspekt ganz abgesehen, denn die Diskussionen und Abstimmungen mit den anderen Teammitgliedern machen einfach sehr viel Spaß.“
Der Sonntag stand dann ganz im Zeichen der noch ausstehenden Einzel-Entscheidungen. Erneut fanden sich mehr als 200 Menschen im Loewe-Saal ein. Je nach Gestaltung des Samstagabends blickte man in ausgeschlafene, tiefenentspannte, freudig erregte oder auch leicht übermüdete Gesichter. Und nun warteten 2 x 45 Minuten, 150 Fragen insgesamt, unterteilt in die zehn auch aus dem Deutschland-Cup bekannten Kategorien: die deutsche Einzel-Meisterschaft. Auch dieses Set war von Stefan Pletzer, dem Vorsitzenden des Österreichischen Quiz-Verbands (ÖQV), erarbeitet worden. Bei dem einen oder der anderen sorgte es durchaus für Nervosität, denn einige Fragen waren schon im Angang etwas ungewöhnlich, und in den Resultaten gab es einige Überraschungen. Doch unter dem Strich muss ein Autor schon Einiges richtig gemacht haben, wenn zum Set gleichermaßen Einschätzungen wie „eher etwas für Jüngere“ wie auch „eher etwas für Ältere“ zu hören sind. Es allen recht zu machen, ist ohnehin nicht möglich und am Ende sind es doch gerade die Bandbreite und der individuelle Charakter der Fragensets, die den Reiz der DQV-Quizveranstaltungen ausmachen. Der Punkteschnitt jedenfalls lag etwas niedriger als im Vorjahr, und auch auf den vorderen Plätzen waren die Scores nicht ganz so hoch und zugleich die Abstände extrem gering: Zwischen Platz 1 und Platz 5 lag jeweils lediglich ein Punkt Abstand.
Würde Holger Waldenberger der Titel-Hattrick gelingen? Nein: Genau 100 Punkte reichten dieses Mal zum Bronze-Rang. Holger holte sich zwar zwei Kategoriensiege und zwei weitere zweite Plätze, büßte jedoch in einigen Kategorien letztlich zu viele Punkte ein. Einen Punkt vor ihm landete Max Lüggert auf Platz 2 – ihm war es auch vergönnt, neben den meisten ersten Katogorienplätzen (drei) auch als einziger Teilnehmer überhaupt eine volle 15 abzuräumen, nämlich in Geschichte. Sehr stark! Nicht zu schlagen war am Ende jedoch René Waßmer, der seinen ersten Meistertitel im Einzel vor allem seiner Ausgeglichenheit zu verdanken hatte. Zwar war seine beste Kategorienplatzierung lediglich ein dritter Rang in Sport, dafür aber erlaubte er sich auch kaum Schwächen und landete somit verdient mit 102 Punkten ganz oben auf dem Siegertreppchen.
Nun blieb nur noch das Buzzerquiz. Und dort war alles dabei: Enge Matches, die hin- und herwogten, klare Durchmärsche von Teilnehmern (die dann möglicherweise in der nächsten Runde direkt rausflogen), Aufholjagden – und natürlich auch falsche Tipps, die zum genau ungünstigsten Zeitpunkt zu einer „Antwortsperre“ führten, die andere dann nutzen konnten.
In den Viertelfinals setzten sich jeweils durch: Sebastian Jacoby gegen Martin Ehrl, René Waßmer gegen Max Lüggert, Christoph Paninka gegen Manuel Hobiger und Thorsten Zirkel gegen Holger Waldenberger.
Im ersten Halbfinale standen sich dann Sebastian Jacoby und René Waßmer in einer Neuauflage des letztjährigen Finals gegenüber. Und erneut verließ René als Sieger den Tisch! Hatte er noch in den ersten zwei Runden durchaus zu kämpfen, schien er sich von Runde zu Runde steigern zu können, und so gelang es ihm im zweiten Jahr in Folge, den Rekordsieger Sebastian auszuschalten. Im zweiten Halbfinale ging es ebenso hochkarätig zu; am Ende setzte sich Thorsten Zirkel knapp gegen Christoph Paninka durch. Und auch im direkt anschließenden kleinen Finale hatte Christoph schließlich das Nachsehen gegen Sebastian. Bronzeplatz somit für Sebastian Jacoby. Im Finale ging es dann extrem spannend zu, es waren ja auch sieben Punkte für den Sieg nötig. Doch René ließ sich am Ende die Titelverteidigung nicht nehmen. Damit avancierte er zugleich zum ersten Dreifach-Champion innerhalb eines DM-Turniers – eine bemerkenswerte Leistung! Er ist nun außerdem neben Sebastian Jacoby der bislang einzige Quizzer, der alle deutschen Meistertitel bereits mindestens ein Mal gewonnen hat. Entsprechend fiel Renés Fazit aus:
„Natürlich hatte ich mir ein paar gute Platzierungen erhofft, aber dass es so toll läuft, konnte ich nicht erwarten. Und jeder der drei Titel hat seine eigene Besonderheit: Titelverteidigung im Buzzer-Quiz, Premieren-Sieg im Team und dann auch noch die Königsdisziplin Einzel – das macht mich schon stolz. Das ganze Quiz-Wochenende hat mir große Freude bereitet und macht Lust auf die kommenden Wettbewerbe.“
A propos kommende Wettbewerbe: Neben die stille Trauer darüber, erst in einem Jahr gute Leistungen bestätigen oder schwächere verbessern, vor allem aber erneut viele nette und interessante Menschen bei der Deutschen Meisterschaft treffen zu können, trat schnell die Vorfreude auf die kommende Weltmeisterschaft. Die ersten Reisebuchungen für Frankfurt sind längst getätigt. Man sieht sich im Juni!
Nicht möglich wären solche Turniere freilich ohne die vielen Helferinnen und Helfer vor und hinter den Kulissen. Ob nun für Organisation oder Moderation, beim Austeilen und Einsammeln der Fragen oder beim Auszählen der Antworten: den vielen Fleißigen kann gar nicht herzlich genug gedankt werden.
Und ob mehr oder weniger erfolgreich, so viel ist gewiss: Alle, die die Reise nach Berlin angetreten hatten, konnten von dort neues Wissen mit nachhause nehmen. Genug Stoff zum „Nacharbeiten“ (A. Bommes)!
Text: Guido Marquardt